Sebastian, 36

Wenn Du Kinder hast, ändert sich etwas im Angstempfinden. Da sind auf einmal Menschen, für die Du verantwortlich bist! Vieles siehst Du dann mit anderen Augen. Vor der Geburt hofft man natürlich, dass Kinder gesund sind und bespricht das auch mit Gott. Aber meiner Frau und mir war klar, dass wir jedes Kind so annehmen werden, wie es ist. Das hat auch dazu geführt, nicht alle Untersuchungen auf Krankheiten oder Behinderungen im Vorfeld durchführen zu lassen. 

Zum Glück sind aber beide gesund, überhaupt sind wir sehr dankbar, dass wir bisher verschont wurden von Komplikationen. Aber trotzdem sorgt man sich manchmal: ob sich Kinder was Gefährliches in den Mund stecken oder was falsches essen. Meine Frau ist da gelassener - und so ist unser Jüngster schon in den kulinarischen Genuss von Sand und auch Rindenmulch gekommen. Passiert eben. Unsere Kinder sind jetzt fünf und ein Jahr alt, da muss man einen guten Mittelweg finden zwischen Vorsicht und loslassen können. Was ich gemerkt habe: Man wird beim zweiten Kind gelassener... 

Aber es gibt auch eine Art Angst, die beflügelnd wirkt. Zum Beispiel wenn man abends aus dem Büro nach Hause kommt, mit den Kindern noch spielt, isst, sie ins Bett bringt, vorliest, betet... und sich dann gähnend der Gedanke einschleicht: es wäre auch schön, einfach mal nach Hause zu kommen und sich nur aufs Sofa zu legen - seine "Ruhe haben". Dann geht im gleichen Moment der Alarm an: was wäre, wenn meine Kinder NICHT mehr da wären, wenn ich nach Hause komme? Ich weiß, dass ich dann fast alles geben würde, um sie nur noch EINMAL ins Bett bringen zu dürfen. So paradox es klingt: die "Angst" vor dem Verlust macht mir dann ganz deutlich, wie unendlich froh, dankbar und glücklich ich bin, meine Kinder zu haben. Und das ist die Kunst: es IMMER wert zu schätzen, nicht erst, wenn man etwas verloren hat. So kann die Angst vor dem Verlust tatsächlich beflügelnd wirken. 

Früher habe ich es belächelt, wenn meine Mama vor jeder Autofahrt zu mir gesagt hat: „Fahr vorsichtig“. Heute erwische ich mich dabei, dass ich das auch zu meiner Frau sage, wenn sie mit den Kleinen eine längere Fahrt vor sich hat. Und ich werde das wahrscheinlich auch noch oft zu meinen Söhnen sagen, es ist eher wie ein Mantra. Auch die Vorstellung, dass es vielleicht ein letzter Abschied sein könnte, geht mir manchmal durch den Kopf. Die Endlichkeit zu spüren, führt den Reichtum des Lebens vor Augen und zeigt mir: Das was wir haben, ist keine Selbstverständlichkeit, es ist ein Geschenk. Die Angst schärft unser Bewusstsein für das, was wichtig ist. 

Unser Glaube spielt für uns als Eltern eine wichtige Rolle - er hat unter anderem die Folge, dass wir Eltern nicht überängstlich sind. Die Gewissheit, dass wir nie tiefer fallen können als in Gottes Hand, trägt uns. Und auch, dass alles im Leben einen Sinn hat und unser Leben nicht umsonst ist. 

Hier liegt für mich die Kernkompetenz von Kirche: Menschen Hoffnung und einen Lebenssinn geben. Wenn wir das tun, was Kirche ausmacht - die Botschaft des Evangeliums vermitteln -, dann ist das das beste Rezept gegen Angst.