Es fing in der zweiten Klasse an. Damals saß ich vor meiner Mathearbeit und auf einmal wurde mir schwarz vor Augen. Ein richtiger Blackout. Schweißnasse Hände und Herzklopfen. Das war ein schreckliches Gefühl. Die Aufgaben konnte ich nicht lösen, wie eingefroren saß ich auf meinem Stuhl. Dass mich diese enorme Prüfungsangst von da an begleiten würde, war mir damals noch nicht klar. Aber die Schulzeit war eine Qual, ich konnte lernen so viel ich wollte, immer war nur ein kleiner Teil meines Wissens in Prüfungssituationen abrufbar. Meine Strategie: mehr lernen und noch mehr lernen. Was bei anderen Bestnoten erzielt hätte, reichte bei mir gerade für ein Ausreichend. Das war und ist heute noch ganz schön frustrierend.
Durch meine enorme Prüfungsangst gab es einige Umwege in meinem Leben, es hat länger gedauert bis ich das Abitur geschafft habe, dann die Entscheidung: Studium oder Ausbildung. Aus Angst vor dem Prüfungsstress habe ich erst eine Ausbildung machen wollen, weil praktische Prüfungen mir kaum Stress bereiten. Nur mündlich oder schriftlich geprüft werden, da reicht schon die Vorstellung an die Situation und ich bekomme Panik.
Ich habe mich dann aber doch für ein Theologiestudium entschieden. Mein Glaube hilft mir, weiterzumachen, auch wenn es enorme Kraftanstrengung bedeutet. Ich führe aber auch Streitgespräche mit Gott und liebe die Klagezeilen und Rachepsalmen, die helfen mir in mancher Verzweiflung und schützen mich, alles hinzuschmeißen. Denn am Ende steht immer auch ein Dank! Und dankbar bin ich für alles, was ich trotz der Angst bisher erreicht habe.
Auch mein Mann hilft mir, gerade jetzt, wo ich vor dem Examen stehe und die Prüfung das zweite Mal ablegen muss. Wir spielen die Prüfungssituation zu Hause durch, damit ich mich daran gewöhnen kann, das klappt leider nur bedingt. Aber ich hoffe, dass ich beim nächsten Mal bestehe. Nach der ersten Examensprüfung hatte ich einen Tinnitus und war eine Woche krank, das ist schon sehr anstrengend.
Wie ich das schaffe? Ich bin eine Kämpferin und möchte auch anderen ein Vorbild sein, nicht aufzugeben, auch wenn es schwer ist und fast unmöglich erscheint. Im Studium habe ich gemerkt, dass ich nicht alleine bin, viele haben Ängste, besonders vor Prüfungen. Ich kann nur raten, mit anderen darüber zu sprechen, das Gefühl mit der Angst nicht allein zu sein, tut gut. Und man kann sich gegenseitig stärken und ermutigen. Ich kenne auch viele, die aufgegeben haben, das ist schade, denn dann bestimmt die Angst den Lebensweg.
Wenn ich das Examen geschafft habe, möchte ich auf jeden Fall meine Erfahrungen weitergeben und Mut machen, dass es immer einen Weg gibt, auch mit der Angst zu leben und dennoch – wie in meinem Fall – das Gewünschte zu erreichen. Auch wenn ich mehr lernen muss als andere und meine Nerven oftmals blank liegen, weiß ich, dass ich das schaffe. Auch hier hilft mein Glaube: Auch wenn ich durch die Hölle gehe, sehe ich das Licht am Ende des Tunnels.