Katja, 45

„Ich habe manchmal Angst nicht gut genug zu sein im Beruf, Angst auch um meine Familie. Den Kindern soll nichts zustoßen. Ab und zu ängstigt mich ‚das große Ganze‘, damit meine ich die Schnelllebigkeit unserer Zeit, den Klimawandel. Was medizinisch alles möglich ist und womit wir Menschen in meinen Augen Grenzen überschreiten und dass in vielen Ländern politisch die Rechte so stark wird – das macht Angst. Ein Kollege sagte schon vor Jahren, dass er in diese Welt keine Kinder setzen will.

Ich bin Polizistin. Ich habe diesen Beruf mit 16 Jahren gewählt und bin seither in verschiedenen Bereichen tätig gewesen. In den Anfangsjahren war ich in Uniform auf Streife, jetzt arbeite ich bei der Kriminalpolizei und mein Schwerpunkt liegt eher bei den Ermittlungen im Büro. Ob ich im Dienst  zur Waffe greifen würde, wenn ein Kollege oder ich in Not wären? Ja, das ist für mich ganz klar. Gott sei Dank musste ich das aber noch nicht.

Durch den Polizeiberuf habe ich oft einen anderen Blick auf das, was passieren kann und andere nicht so erkennen. Das beeinflusst sicher auch die Erziehung meiner Kinder. Als Polizistin kann ich Straftaten aufklären, manchmal direkt helfen oder Streit schlichten. Ich selbst muss dabei ruhig und sachlich bleiben.

Während meiner Arbeit hatte und habe ich keine Angst. Ich gehe gerne ins Büro und auch zu den Einsätzen. Das schreckt mich nicht. Polizisten werden ja oft traktiert, zum Beispiel bei Demos oder Fußballeinsätzen. Oder bei Ausschreitungen an Silvester. Das ist mittlerweile schon heftig und erzeugt Spannungen. Aber Angst habe ich keine. Eigensicherung steht an erster Stelle.

Trotzdem schlafe ich manchmal schlecht. Das eine muss ich noch tun und das andere noch schaffen. Entspreche ich den Erwartungen? Wie wird sich alles entwickeln? Dann lassen mich die Gedanken nicht los und nachts sind bekanntlich alle Katzen grau.

Was ich gegen die Angst tue? Manchmal sitze ich sie einfach aus - nachts funktioniert nichts anderes als ein Gebet. Ich habe mir angewöhnt, unseren Kindern beim täglichen Verabschieden ein Segenszeichen auf die Stirn zu machen. Das machen sie auch bei mir und das führt mir vor Augen: Wir sind in Gottes Hand. Vor Einsätzen bete ich oft, dass alle gesund wieder zurückkommen, dass es für alle gut geht. Bisher habe ich – jedenfalls meistens – gute Erfahrungen bei Einsätzen gemacht.

Mir macht Mut, dass ich nicht allein bin, dass sich viele Menschen für andere einsetzen. Ich bin also nicht allein verantwortlich. Es gibt auch immer einen Gegenpol um nicht in ein schwarzes Loch zu fallen. Zum Beispiel, wenn Kollegen gut zusammenarbeiten, wenn sich Ehrenamtliche zur Begleitung von Flüchtlingen engagieren, wenn es Demonstrationen gegen Rechtsradikale gibt – all das ermutigt.

Ich glaube, dass gegen Angst wirklich hilft, nicht auf sich selbst zu schauen, sondern den Fokus auf andere zu richten und sich gesellschaftlich einzubringen. Dann kann ich gut mit den großen bedrängenden Fragen und den persönlichen Verunsicherungen und Ängsten umgehen. In meinem Leben spielen Beten, der Segen, Gottvertrauen, meine Kirchengemeinde jedenfalls eine wichtige Rolle.“