Martina, 58

Ich engagiere mich in der Flüchtlingshilfe weil ich ein weltoffener Mensch bin und weil ich in einer gesicherten Situation lebe und andere Menschen dieses Privileg nicht haben. Sie fliehen aus Angst vor Hunger, Diktatur, Krieg und Unterdrückung, aus Armut und Hoffnungslosigkeit. Dass wir in einem sicheren Land leben, ist keine Selbstverständlichkeit.

Ich habe Angst, dass sich das ändern könnte. Ich habe Angst vor der politischen Entwicklung, die Rechtspopulisten immer mehr Stimmen schenkt und Emotionen gerade gegen Flüchtlinge und Ausländer schürt.

Ich wohne auf dem Land, im Nachbardorf ist die NPD sehr stark vertreten, auch das ängstigt mich. Ich war bei einer Veranstaltung, da ging es um die Zuweisung von Flüchtlingen nach Haiger, da saßen in der Reihe hinter mir alles Rechtsradikale, die nur rumgepöbelt haben, die haben kaum den Moderator zu Wort kommen lassen.

Mir wird da Angst und Bange und gleichzeitig macht es mich wütend, dass dies heute so wieder möglich ist. Ich war nur froh, dass mein Mann dabei war. Hier müssen wir auf der Hut sein, dass sich rechte Gesinnungen nicht weiter ausbreiten.

Ich möchte an das Gute im Menschen glauben und appelliere an den Verstand von Politikern, Kirchen und von Gesellschaft, dass sich das tot läuft, der Rechtsdrall. Die Stimmungsmache gegen andere muss aufhören, dafür bete ich.

Und ich möchte zu denen gehören, die aufstehen und sich wehren und sagen, da mach ich nicht mit. Aber es gibt zum Glück auch die andere Seite. In Dillenburg zum Beispiel haben wir in der Flüchtlingshilfe viel Toleranz und Unterstützung erlebt und auch in Haiger und in Herborn gibt es Kreise, die sich für geflohene Menschen einsetzen.

Wir sind alle verantwortlich dafür, dass unsere Welt besser wird, jede und jeder kann etwas dazu beitragen und mit seinem Handeln etwas bewegen, Position beziehen.

Sich mit Menschen zusammentun, die auch so denken, das hilft auch gegen die Angst.

Vor Gott sind alle Menschen gleich, das prägt meine Einstellung und das jeder Mensch, jedes Kind ein Recht hat auf Sicherheit, Freiheit und Bildung.

Wer Angst vor Fremden hat, sollte Fremde zu Freunden machen. Begegnung schafft Vertrauen.